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Heiliger Gunther von Thüringen - Einsiedler

Gunther von Thüringen
Datum:
Veröffentlicht: 9.10.21
Von:
Christian Kaufmann

Gedenktag 9. Oktober

Gunther von Thüringen

Gunther, geboren um 955 (?) in Schwarzburg (?) in Thüringen, † 9. Oktober 1045 in Gutwasser, heute Dobra Voda bei Hartmanice in Tschechien, stammte aus einem Grafengeschlecht, wohl aus dem Haus Käfernburg / Schwarzburg. Er war ein Vetter von Kaiser Heinrich II. und Schwager von König Stephan I. von Ungarn und führte als Ritter ein weltliches Leben, bis er an Weihnachten 1005 nach einer Begegnung mit Godehard von Hildesheim, der damals Abt im Kloster der Benediktiner in Niederaltaich war und Gunther zu einem väterlichen Freund wurde, seine Güter an das Kloster in Hersfeld - dem heutigen Bad Hersfeld - und dessen Tochterkloster Göllingen in Thüringen verschenkte. Die Aufnahme im Benediktinerkloster Hersfeld blieb ihm zunächst versagt, aber nach einer Wallfahrt zu den sieben Pilgerkirchen in Rom konnte er 1006 in das von Godehard geleitete Kloster Niederaltaich eintreten. Er übernahm dann die Leitung seines Familienklosters in Göllingen, wobei er aber scheiterte.

1008 ließ Gunther sich zusammen mit einigen Gefährten nieder als Einsiedler in Lalling bei Deggendorf, dann 1011 an einsamer Stelle - der heutigen Kapelle Frauenbrünnl - bei Rinchnach im Bayerischen Wald. Ab 1011 sammelte er Mönche, Weltpriester und Laien um sich, gab seiner Gemeinschaft die Benediktinerregel und lebte 30 Jahre unter großen Entbehrungen. Er schuf einen Mittelpunkt zur Erschließung und Kultivierung des Gebietes um den Rachelberg, rodete Wald, baute Saumwege zur Erschließung des Böhmerwaldes und die Mauritius geweihte Kirche in Langendorf / Dlouhá Ves. König Stephan I. berief ihn mehrmals nach Ungarn zur Unterstützung der dortigen Missionsarbeit, 1017 versuchte Gunther auch, unter dem Wendenstamm der Liutizen zu missionieren, blieb aber erfolglos, obwohl er ein begnadeter Prdeiger war.

Bischof Berengar von Passau weihte 1019 das 1012 aus der Gemeinschaft gewachsene Kloster in Rinchnach, das 1040 von König Heinrich III. der Abtei Niederaltaich unterstellt wurde. Immer wieder trat Gunther als Bußprediger auf, 1015 missionierte er in Ungarn, 1018 gründete er dort das Kloster in Bakonybél bei Veszprem. 1029 bekam Gunther für sein Kloster in Rinchnach umfangreiche Schenkungen von Kaiser Konrad II. Beim - schließlich erfolglosen - Feldzug des deutschen Kaiser Heinrich III. gegen Herzog Břetislav I. von Böhmen 1040 wirkte Gunther als Diplomat und Helfer des Kaisers. Im selben Jahr - nach dem vom Kaiser verfügten Anschluss des Klosters Rinchnach ans Kloster Niederaltaich - zog Gunther sich tiefer in den Böhmerwald zurück nach Gutwasser - dem heutigen Dobra Voda -; dort führte damals der wichtige Handelsweg "Böhmensteig" durch. Gunther starb hoch betagt.

Herzog Bretislav von Böhmen überführte Gunthers Gebeine in die Abtei Břevnov - heute ein Stadtteil von Prag. Das Grab wurde 1420 von den Hussiten zerstört, die Verehrung Gunthers verlagerte sich danach nach Gutwasser.

In der Vergangenheit kamen zur Gunther geweihten Kirche in Gutwasser regelmäßig Tausende Pilger von beiden Seiten der Grenze. Nach dem 2. Weltkrieg wurden die deutschsprachigen Bewohner vertrieben, seit 1950 war das Gebiet um Dobra Voda als Grenzzone für Zivilisten gesperrt, das Kirchengebäude diente als Munitionslager, der Innenraum wurde zerstört. Nach der Wende wurde die Kirche renoviert, 1995 die Tradition der Wallfahrten wieder aufgenommen; sie finden jeweils im Juni und Oktober statt. Dabei kommen die tschechischen Teilnehmer aus der weiteren Umgebung, die Deutschen gehen traditionell zu Fuß von Rinchnach aus - auf dem dem alten Handelsweg, den der Überlieferung zufolge Gunther Anfang des 11. Jahrhunderts erschließen ließ und den er zu seiner selbst Zeit beschritt. Nach drei Tagen Wanderung erwartet sie in Dobra Voda eine Messe in deutscher und tschechischer Sprache.

Nahe Gehmannsberg bei Rinchnach steht die Kapelle Maria Geburt, auch Frauenbrünnl oder Guntherkircherl genannt, 1766 an der Stelle von Gunthers Einsiedelei erbaut. Die Propstei Rinchnach wurde 1803 in der Säkularisation aufgelöst.

Kanonisation: Die Heiligsprechung Gunthers betrieb im 13. Jahrhundert der böhmische Premysliden-König Otakar II.; der Tod des Königs brachte die Initiative zum Erliegen, später wurde sie nicht mehr erneuert. Das älteste päpstliche Dokument über Gunthers Verehrung stammt aus dem Jahr 1390 - eine Bulle, in der Papst Bonifatius IX. den Besuchern der Begräbniskirche Gunthers in Břevnov einen "unvollkommenen Ablass" gewährt.