Heiliger Papst Pius X.
Gedenktag 21. August
Geboren am 2. Juni 1835 Riese, heute Riese Pio X bei Treviso in Italien, gestorben am † 20. August 1914 in Rom.
Giuseppe Sarto kam als Sohn eines Gemeindeläufers und Briefträgers in einfachsten Verhältnissen zur Welt in der Zeit, als seine Heimat zum Reich der Habsburger gehörte, weshalb er auch als "der österreichische Papst" bezeichnet wird. Als Kind war er ein lieber Junge und begeisterter Messdiener. Der Ortspfarrer sah seine Begabung und seinen Fleiß und verschaffte ihm einen Freiplatz am Priesterseminar in Padua, wo er nach erfolgreicher Ausbildung 1858 zum Priester geweiht wurde. Schon auf seiner ersten Stelle als Kaplan in Tombolo war er sehr gefordert, musste den kränklichen Pfarrer oft vertreten und war bald äußerst populär.
1867 wurde Giuseppe Sarto Pfarrer von Salzano, wo er die Menschen durch sein offenes Wesen beeindruckte. Er bemühte sich um gesicherte Einkommen für die einfachen Menschen und half wo er konnte, auch bei einer Cholera-Epidemie; er hatte ein Herz für Menschen in Not. Von seinen pfarrlichen und später bischöflichen Einkünfte gab er an die Armen weiter. 1904 ehrte ihn die Gemeinde dafür mit einer Gedenktafel an der Kirche.
1875 wurde Giuseppe Sarto gegen sein Wollen nach Treviso als Domherr, Kanzler und Spiritual des Priesterseminars berufen. 1884 erfolgte dann die Ernennung zum Bischof von Mantua. "Die Last ist zu schwer, sie übersteigt meine Kräfte und Fähigkeiten", meinte er und bat Rom vergeblich, von der Ernennung abzusehen. Die Erziehung des Klerus als der "Grundlage der Diözese" durch eine solide wissenschaftliche Ausbildung war ihm wichtig, denn sie war für ihn die Antwort auf die glaubensfeindlichen Zeitströmungen. Die Kleriker sollten wachsam gegen den katholischen Liberalismus sein, dessen Repräsentanten er als "Wölfe im Schafspelz" bezeichnete.
Giuseppe Sarto wurde 1893 zum Kardinal mit der Titelkirche San Bernardo alle Terme in Rom und drei Tage später zum Patriarchen von Venedig ernannt. Anliegen war ihm auch hier "nichts anderes, als die Wahrheit schützen und verteidigen und Gutes tun", deshalb kümmerte er sich weiter um die Armen, gründete Sparkassen für Arbeiter und setzte sich für eine gerechte Entlohnung ein.
Auch in seinen hohen Ämtern blieb der Bauernsohn Giuseppe Sarto ein Mann einfacher Gewohnheiten und eines bescheidenen Lebenswandels, den modernen Zeitströmungen abhold und misstrauisch gegenüber Neuerungen. Alle seine Wirkungsstätten lagen im Norden Italiens, Auslandsreisen unternahm er nicht. Auch auf eine tiefere theologische oder philosophische Bildung und das Erlernen von Fremdsprachen verzichtete der Patriarch, seinen Klerus leitete er mit starker Autorität
1903 wurde Giuseppe Sarto schließlich zum Papst gewählt. Unter Tränen soll er damals die Kardinäle gebeten haben, von seiner Wahl abzusehen, da er dem Amt nicht gewachsen sei; aber er nahm die Wahl schließlich doch an und wählte als Papstnamen Pius, um an seinen Vorvorgänger Pius IX. zu erinnern und sich so von seinem Vorgänger Leo XIII. abzusetzen, desssen Öffnung zur Moderne zu unvorsichtig gewesen sei. In seiner Antrittsenzyklika forderte er zum Widerspruch gegen die moderne Wissenschaft auf und mahnte zum Gehorsam der Gläubigen. Ein Jahr nach seinem Amtsantritt gab er die Überarbeitung und Zusammenfassung des Kirchenrechts in Auftrag - eine längst überfällige Reform, die Pius X. nutzte, um das Unfehlbarkeitsdogma und die päpstlichen Befugnisse in anwendbares Kirchenrecht zu überführen.
Pius gilt als Reformer und wurde vor allem bekannt als Seelsorger, ein innerlicher und frommer Mann, einfach und verständlich in seiner Rede, der die Nähe einfacher Menschen suchte. Sein eigenes Bistum Rom sollte Vorbild sein für andere. "Alles in Christus erneuern" lautete sein Leitmotiv. Die Erneuerung des Gottesdienstes war ihm ein Anliegen, er setzte die gregorianischen Gesänge in der Liturgie wieder ein, stellte ein neues Brevier als Standard für die ganze Kirche auf, befürwortete eine frühe Erstkommunion schon im Alter von sieben Jahren und die regelmäßigen Eucharistiefeiern, förderte die Bildung seiner Priester, führte regelmäßig Visitationen durch und nutzte wo immer möglich die Gelegenheit, als Beichtvater den Menschen im Beichtstuhl nahe zu sein. Er rief auch die Laien zur Durchführung sozialer Aktionsprogramme unter Aufsicht der Kirche auf, womit er die römisch-katholische Aktionsbewegung vorwegnahm.
Politisch und philosophisch war Pius X. sehr konservativ. In der Enzyklika "Vehementer nos", "Wir sind verzweifelt" von 1906 lehnte er jeden Kompromiss mit dem Laizismus, dem französischen Modell der Trennung von Staat und Kirche, ab; darüber kam es 1905 zum Bruch mit Frankreich, später auch mit Spanien - das 1910 deshalb die diplomatischen Beziehungen zum Vatikan abbrach -, 1911 auch mit Portugal. Auch die Demokratie als Staatsform beurteilte er skeptisch, denn sie gefährde die Kirchenhierarchie.
1910 kam es zu Spannungen mit dem Deutschen Reich, weil Pius in der Enzyklika "Editae saepe", "Oft gesagt", - gewidmet Karl Borromäus anlässlich des 300. Jahrestages seiner Heiligsprechung - die Protestanten als "falsche Propheten" bezeichnete, für die das Wort des Apostels Paulus von den "Feinden Christi" zutreffe, deren "Gott der Bauch" ist (Philipperbrief 3, 18 - 19). In den USA fiel ein liberaler Bischof in Ungnade, Pius weigerte sich, Präsident Roosevelt zu empfangen. In Südamerika vermittelte er dagegen erfolgreich in Grenzstreitigkeiten. Gemischtkonfessionelle christliche Gewerkschaften lehnte Pius ab, auch den Christdemokraten warf er vor, sich zu sehr um die materiellen Bedürfnisse der Arbeiterschaft zu kümmern und die Haltung der Kirche zu wenig zu berücksichtigen.
In seiner Enzyklika "Pascendi dominici gregis", "Gottes Herde zu weiden" von 1907 verurteilte Pius 65 "modernistische" Behauptungen und die "modernistische" Bibelkritik als Häresie. Wissenschaftlicher Fortschritt könne "nur im Lichte der katholischen Lehre und unter ihrer Führung" angestrebt werden. Immer mehr Bücher kamen auf den Index verbotener Schriften und Theologie- und Philosophieprofessoren wurden immer schärfer überwacht, die Entwicklung der Theologie besonders der Exegese und alten Kirchengeschichte, wurde stark behindert, eine Art kirchliche Geheimpolizei aufgebaut. 1910 führte er den "Antimodernisten-Eid" ein, eine jährlich zu wiederholende Eidesformel aller katholischer Geistlichen, in der sie den in der Enzyklika benannten Irrtümern der Moderne abschwören mussten. "Modernismus ist die Synthese und das Gift aller Häresien, er versucht, die Fundamente des Glaubens zu untergraben und das Christentum zu vernichten." 1967 wurde dieser Eid von Papst Paul VI. wieder abgeschafft.
Das Verhältnis zu Österreich und zu Italien konnte er normalisieren, letzteres war vor allem in der Furcht vor Sozialismus begründet, hatte aber auch eine realistische Einschätzung der Frage der Herrschaft über Rom als Grund. Viele seiner pastoralen Maßnahmen stärkten die Kirche. "Pius X. hatte eine Seele, die alle rührte, die mit ihm zusammen lebten", schrieb ein Biograf. Wesentliche Verbesserungen setzte er in der Ausbildung des Klerus um, die "katholische Aktion" stützte er vor allem in Italien. 1905 forderte er von allen Gläubigen per Dekret, häufiger die Heilige Kommunion zu empfangen. Bis dahin war es für das gemeine Kirchenvolk üblich, nur einmal jährlich während der Osterfeiertage die Eucharistie zu empfangen, die tägliche Kommunion war das Privileg von Ordensleuten und Priestern. Pius knüpfte den Sakramentsempfang nur an zwei Bedingungen: "im Stand der Gnade zu sein und die rechte Absicht zu haben". 1910 setzte er das Mindestalter für die Erstkommunion von zwölf auf sieben Jahre herab und wurde so zum populären "Papst der Kinderkommunion".
Der Krieg von 1914, den er schon Jahre zuvor vorausgesehen hatte, brach Pius schließlich das Herz: "Ich spüre es, der Krieg ist mein Tod", schrieb er und starb gut drei Wochen nach dessen Beginn. "Ich würde gerne mein Leben hingeben, wenn ich damit den Frieden Europas erkaufen könnte", sollen seine letzten Worte auf dem Sterbebett gewesen sein. Gleichwohl hatte er zuvor aus seiner Sympathie für den deutschen und besonders den österreichischen Kaiser keinen Hehl gemacht: "Auf Kaiser Franz Joseph, der sein ganzes Leben lang dem Heiligen Stuhl gegenüber loyal und treu ergeben war und der derzeit einen gerechten Krieg führt, kann ich keinen Druck ausüben." Pius sah im Habsburger Reich den letzten "Hort des Katholizismus", in Serbien dagegen einen Vasallen des orthodoxen Russland, dessen Expansionsbestrebungen Österreich-Ungarn Einhalt gebieten müsse. Schon vor Kriegsaubruch hatte der bayerische Geschäftsträger am Heiligen Stuhl nach München gemeldet: "Der Papst billigt ein scharfes Vorgehen Österreichs gegen Serbien." Nach seinem Tod gab der Vatikan bekannt, dass der Pontifex die Bitte des österreichischen Botschafters, den Feldzug der Donaumonarchie zu segnen, mit den Worten: "Ich segne den Frieden, nicht den Krieg!" abgelehnt habe; zeitgenössische Historiker bezweifelten allerdings die Authentizität dieser Aussage.
Pius wurde im Petersdom beigesetzt, an seinem Grab sollen sich zahlreiche Wunder ereignet haben. Nach seiner Heiligsprechung 1954 wurde er in einen Glassarg umgebettet. Bei der Feier der Eucharistie am Altar über dem Grab haben viele Priester nach ihrem Bekunden erlebt, "wie ein zarter Rosenduft zum Altar emporstieg, der Duft der Heiligkeit, der von diesem Papst der heiligen Eucharistie ausgeht". In Deutschland tragen über 60 katholische Kirchen seinen Namen. Die von dem 1988 exkommunizierten Bischof Lefebvre 1970 gegründete "Piusbruderschaft" benennt sich nach Pius X.
Kanonisation: Pius wurde am 3. Juni 1951 von Papst Pius XII. selig- und am 29. Mai 1954 vom selben Papst heiliggesprochen.
Patron der Sonnenuhrenbauer und Esperantisten; der Katecheten; des Päpstlichen Werkes des Heiligen Kindheit
Worte des Heiligen
Diesen Brief schreibt Giuseppe Sarto als Bischof an Emilia Falavigna, eine Ordensschwester in Verona:
"Mantua, 14. Oktober 1886.
Meine liebe Tochter; Ihr Brief, in dem Sie mir mitteilen, dass es dem Herrn gefällt, Sie auf den Weg der Einsamkeit zu locken, war mir ein wahrer Trost. Und ich hoffe von Herzen, dass der göttliche Jesus sich Ihnen immer als Bruder und süßester Freund zeigen wird. Dieser Friede soll Sie aber nicht zu sehr in Sicherheit wiegen, denn Er könnte Ihnen auch einmal Prüfungen senden. Dieser süßeste Bräutigam liebt es, die Seelen, die Ihm teuer sind, oft mit Kreuzen heimzusuchen.
Und Sie müssen Sich darauf vorbereiten, auch auf diesem Pfad mit viel Mut voranzugehen, im Gedanken, dass der Weg zum Paradies nicht immer durch Süßigkeit und Blumen führt, sondern auch durch Dornen und Geröll. Da Sie wünschen, dass Ihr Herz dem Heiligsten Herzen Jesu ähnlich werde, müssen Sie bereit sein, auch mit Jesus das Kreuz zu tragen und den Kalvarienberg zu ersteigen. Dies soll Sie jedoch nicht kleinmütig machen, denn will der Herr Sie durch diese Opfer prüfen, wird Er Ihnen auch die nötige Gnade schenken, um sie mit heiligem Mut zu ertragen. Daher werden Sie darin einen neuen Grund finden, der Sie in der heiligen Gewissheit, von Ihm besonders berufen und geliebt zu sein, bestätigt.
Gott segne Sie. Helfen wir uns gegenseitig durch das Gebet. Ich belasse Sie im Heiligsten Herzen Jesu und verbleibe Ihr liebender Vater in Jesus Christus
GIUSEPPE, Bischof"
Zur Einweihung des neuen Glockenturms von St. Markus in Venedig schreibt der Papst am 29. März 1912 an den dortigen Patriarchen über den Sinn der Kirchenglocken:
"Wie es in der Heiligen Schrift steht, spricht Gott von innen und von außen zu uns von Sich selbst, von Seiner Liebe und Seiner Güte. Er spricht uns davon mit tausend und abertausend Stimmen, die uns machtvoll an die Pflicht der Dankbarkeit und Liebe erinnern. Aber all diesen Stimmen hat die katholische Kirche noch eine weitere hinzugefügt, welche die Wege des Herrn in unseren Herzen bereitet und ebnet. Es ist die Stimme der geweihten Glocken. Daher werden sie gereinigt, geweiht und beweihräuchert.
Denn ein hohes Amt ist ihnen anvertraut. Sie sind die Heroldinnen der Stimme Gottes und sprechen uns von Ihm in allen Umständen unseres Lebens, vom ersten Einströmen der Gnade in die Seele des Kindes bis zu dem Tag, da sie uns wissen lassen, dass Gott selbst sein Haus verlässt, um Sich zu einem Geschöpf, das bald in Seinen Armen entschlafen wird, zu begeben, um es zu stärken. In diesem raschen Wechsel von frohen und schmerzlichen Ereignissen geben die geweihten Glocken zu jeder Zeit das Zeichen zum Gebet. Jeden Morgen läuten sie zum Heiligen Opfer; und mit größtem Jubel verkünden sie jede Woche den Tag des Herrn, bis zu der Stunde, an der sie mit klagender Stimme die Gläubigen zum Gebet einladen, sowie zur Hoffnung, dass die christliche Seele auf Engelsflügeln zum Paradies getragen werde.
Gebe der Himmel, diese Stimme werde immer zum Wohl aller Guten gehört. Möge sie auch die Söhne, welche die Stimme, die sie inmitten ihrer schlechten Taten überrascht, verachten, auf den Weg des Herrn zurückrufen und die Verstockten zur Rückkehr einladen."