Predigt von Pfarrer Marcus Wolf für Christi Himmelfahrt
Als die Coronapandemie ihren Höhepunkt erreicht hat und sich auch in Nord-, Mittel- und Südamerika und sogar in Afrika ausgebreitet hat, da ist mir erschreckender Weise bewusst geworden: Vor diesem Virus kann niemand fliehen!
Immer wieder hat es Katastrophen auf der Welt gegeben, auch langanhaltende, vor denen die Menschen aber immer irgendwie auch flüchten konnten und woanders einen Neuanfang starten konnten, egal ob es eine Eiszeit, jahrelange Dürreperioden, Wirtschaftskrise und hohe Arbeitslosigkeit, oder Kriege waren.
Immer gab es Völkerwanderungen, Flüchtlinge und Wirtschaftsflüchtlinge, aber…
…vor diesem Virus kannst du nicht fliehen, er ist jetzt überall auf der Erde. Du kannst nicht fliehen, du musst dich diesem Virus mit all seinen Konsequenzen stellen.
Die einzige Möglichkeit wäre, diese Welt zu verlassen, aber das ist uns normal sterblichen Menschen nicht möglich. D.h. schon, aber auf der ISS-Raumstation ist zu wenig Platz, bleibt nur noch als weitere Alternative: der Tod, auch keine wirkliche Alternative.
Wir müssen also hier bleiben und uns dem Virus stellen mit all seinen Gefahren, Einschränkungen, im Moment ständig neue neuen Regeln und Vorschriften, um gesund zu bleiben.
Ähnlich wird es wohl den Jüngern gegangen sein, als sie Jesus in den Himmel haben auffahren sehen: Jetzt verlässt er uns und diese Welt. Wir müssen hier bleiben?
Und jetzt?
Die Jünger hat die Himmelfahrt Jesu nicht so unvorbereitet getroffen wie uns dieser Virus. Jesus hat die Jünger auf die Zeit „ohne Ihn“ vorbereitet, er hat ihnen Anweisungen gegeben, was sie jetzt in seinem Namen tun sollen, nämlich überall auf der Welt durch Wort und Tat das Wort Gottes zu verkünden, Menschen für den christlichen Glauben zu gewinnen.
Die Engel in der Lesung aus der Apostelgeschichte erinnern sie noch einmal daran: Was schaut ihr zum Himmel? Los, auf, jetzt seid ihr dran! Und Gemeinschaftlich ist es ihnen gelungen, den Auftrag Jesu zu erfüllen.
Ging es nicht vielen von uns in diesen Wochen wie den Jüngern damals? Wie viele verzweifelte Blicke gen Himmel gab es wohl in den letzten Wochen und Monaten auf dieser Welt? Blicke der Ratlosigkeit? Hilfeschreie voller Verzweiflung?
Wir mussten und müssen immer noch lernen, wie wir am besten gemeinschaftlich diesem Virus, dieser Gefahr Herr werden oder eben wie wir gesund bleiben.
Unsere politischen Verantwortlichen hier in Deutschland, explizit in Bayern, tun ihr Bestes, um eine zu starke Ausbreitung des Virus zur gleichen Zeit zu vermeiden, damit kein Pflegenotstand entsteht. Die klaren Ansagen am Anfang der Pandemie, das strikte „zuhause bleiben“, die Kontaktbeschränkungen haben alle verstanden und akzeptiert. Aber jetzt, wo es für manche zu viele unterschiedliche, teilweise kleinliche Regeln für alle möglichen Bereiche gibt, kommt Unmut auf.
Wir müssen immer noch lernen, gemeinschaftlich mit diesem Virus, seinen Gefahren und so manchem Einschränkungen wohl noch längere Zeit zu leben, denn erst wenn es einen Impfstoff gibt oder sich möglichst viele Menschen angesteckt haben und nach der Genesung immun sind, kann es wieder so etwas wie „Normalität“ geben.
Langsam gibt es Lockerungen, die größte Gefahr ist vorbei, aber was anscheinend vielen von uns fehlt, mir auch, ist Geduld: es ist erst einmal die größte Gefahr vorbei, aber die Gefahr noch lange nicht. Vielleicht ist auch die neue „Normalität“ mit dem Virus zu leben.
Der Blick zum Himmel bringt nichts. Die einzige Hilfe, die wir von dort erwarten können, hat jeder von uns bereits bei seiner Taufe mit auf den Weg bekommen: den Heiligen Geist mit seinen Gaben.
Mit Hilfe dieses großartigen Geschenkes, dessen Fest wir in 10 Tagen feiern, wird es uns gelingen, uns erst einmal an die völlig neue Situation zu gewöhnen, in ihr und mit ihr zu leben und auch mit den mittlerweile unübersichtlichen Regeln in allen Bereichen und hoffentlich den Virus zu besiegen, zumindest zu beherrschen.
Beten wir also in den kommenden Tagen vor Pfingsten verstärkt um diesen Heiligen Geist für uns selbst, aber auch für alle, die in Medizin und Forschung tätig sind und für die Regierenden dieser Welt, unter denen leider einige sind, in denen offensichtlich ganz andere Geister herrschen und wirken, aber sicher nicht der Heilige Geist.
Ich weiß, das war jetzt böse, aber wenn ich diese Vermutung über andere äußere, kommt mir gleichzeitig in den Sinn: Es schadet auch nichts, die kommende Novene bis Pfingsten dazu zu nutzen, um mich selbst zu fragen und zu hinterfragen:
- Wirkt der Hl. Geist denn in mir und – wenn ja – wie wirkt er?
- Welche Gaben hat der Hl. Geist mir mit auf den Weg gegeben?
- Es lohnt sich auch, zu hinterfragen: Will ich die gewohnte Normalität, wie ich sie vor dem Virus erlebt habe, überhaupt wieder zurück oder sollte ich, nein, wir alle nicht eher diese weltweite Krise dazu nutzen, um zu überlegen, wie könnte eine neue „Normalität“ für die Zukunft unserer Gesellschaft, unserer Welt, auch unserer Kirche ausschauen, ein neues, vielleicht noch viel stärkeres Miteinander?
Für die Schulen haben wir ja z.B. gemerkt, dass die Digitalisierung ausgebaut werden muss, damit Homeschooling besser funktioniert.
Wir haben gemerkt, wie wichtig Menschen an den Supermarktkassen, oder Ärzte und Pflegepersonal sind und hoffentlich wird ihnen ihre Wichtigkeit in Zukunft auch besser bezahlt.
- Auch für unsere Kirche wird diese Pandemie einschneidend sein,
aber darüber predige ich an Pfingsten, dem Geburtstag der Kirche.
- Über eines lädt uns der heute Festtag ein, heute schon nachzudenken:
Wie können wir im Sinne Jesu miteinander unsere Welt neu gestalten?
Zum Himmel schauen nützt nichts, so schwierig und teilweise aussichtlos die Realität jetzt auch ist. Es ist an der Zeit, nach dem Lockdown langsam, aber zielsicher aufzubrechen und unsere Welt und das Miteinander neu und besser im Sinne Jesu zu gestalten. Amen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Pfarrer Marcus Wolf