Seelsorgebereich:Predigtgedanke von Pater Putzer zum 16. Sonntag im Jahreskreis
Ich mochte es, wenn der kleine Stefan in unserem Gottesdienst war. Stefan war Autist. Ein kleiner Kerle mit unglaublich viel Energie. Zumeist blätterte er in seinem Bilderbuch oder hörte Musik über seine Kopfhörer. Manchmal aber, wenn seine Eltern aufmerksam den
Gottesdienst verfolgten, ist er ihnen ausgebüchst, lief in der Kirche umher, blieb stehen und schaute oder ging auf jemanden zu. Okay, anfangs war das auch für mich gewöhnungsbedürftig. Wir haben ja unsere festen Abläufe. Und mitten dahinein platze ab und an Stefan.
Zum Beispiel, dass er während meiner Predigt am Ostersonntag plötzlich aus voller Kehle „Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum“ sang. Ja, es gab immer wieder jene besonderen Momente durch ihn, in denen wir einfach lachen mussten. Das Gute in unserer Gemeinde damals war, der Junge hat uns mit der Zeit gar nicht mehr gestört, irgendwie hat er unsere Gottesdienststruktur aufgebrochen und die Stunde wurde irgendwie aufgelockert … Da hat ein kleiner Junge unsere Gottesdienste verändert. Etwa zur gleichen Zeit wurde bei uns darüber
diskutiert, die Kirche „barrierefrei“ zugänglich zu machen. Nichts gegen einen barrierefreien Eingang zu unseren Kirchen, aber was es weit mehr braucht, sind „barrierefreie Herzen“, alles andere kommt dann von allein. Irgendwann einmal sagten mir seine Eltern nach dem Gottesdienst: „Pater, bei euch fühlen wir uns gut aufgehoben!“ Kann eine christliche Gemeinde ein besseres Kompliment bekommen als: „Bei euch fühlt man sich gut aufgehoben“? Das wär’s eigentlich, wenn wir all denen, die zu uns kommen, dieses Gefühl zu vermitteln, dass wir eine einladende Kirche sind, in der jeder willkommen ist … Ich würde es uns wünschen!