Predigtgedanken zu Fronleichnam 2020 von Pfarrer Marcus Wolf
Liebe Gemeinde!
Vor einiger Zeit hat mir eine junge Studentin in einem persönlichen Gespräch erklärt, warum sie aus der Kirche ausgetreten und zum Islam übergetreten ist: Der christliche Glaube ist so kompliziert, es gibt so viel Unverständliches, so viele Geheimnisse.
Haben wir Christen Geheimnisse?
Immerhin redet der Pfarrer jedesmal nah der Wandlung von Brot und Wein davon: Geheimnis des Glaubens…
Hier geht es nicht um etwas, das man nicht verraten darf, sondern im Gegenteil: Alle Welt soll es wissen. Deswegen würden wir ja heute und auch am kommenden Sonntag eigentlich mit dem gewandelten Leib Christi durch die Straßen von Bamberg ziehen und das Geheimnis des Glaubens, Jesus im gewandelten Brot, durch die Straßen tragen und allen zeigen.
Vor allem in lateinischen Sprachen wie Italienisch, Spanisch oder Portugiesisch und auch im Griechischen heißt es nicht Geheimnis, sondern da wird von Mysterium gesprochen.
Ein Mysterium ist etwas, das Gott den Menschen anvertraut hat, das aber nicht mit dem Verstand erklärt werden kann, z.B. dass Jesus nicht einfach nur ein Mensch oder Prophet war, sondern Gottes Sohn.
Ein anderes dieser Geheimnisse feiern wir heute am Fest Fronleichnam, nämlich die Verehrung des Leibes und Blutes Christi in den Gestalten von Brot und Wein.
Oder ein anderes ist: dass Jesus für uns Menschen gestorben und von den Toten auferstanden ist.
Bleiben wir heute an Fronleichnam beim Geheimnis der Wandlung von Brot und Wein: Wie kann es sein, dass durch Gebet, Segnung und das Sprechen der sogenannten Wandlungsworte des Priesters Brot und Wein verwandelt werden in Leib und Blut Christi?
Das ist wirklich ein Geheimnis, das man mit dem Verstand nicht erklären kann. Es ist ein Glaubensgeheimnis, d.h. entweder glaube ich daran oder eben nicht.
Was passiert bei der Wandlung?
Wir glauben: Brot und Wein verwandeln sich in Leib und Blut Christi, dh. Jesus macht sich ganz klein.
Warum?
Vor ca. 2000 Jahren hat sich Jesus schon einmal klein gemacht. In ihm wurde der große, allmächtige Gott ein Mensch, damit die Menschen hautnah seine Nähe, seine Liebe spüren konnten und er hat gehofft, dass sie dann noch mehr an ihn glauben.
Aber viele taten sich schon schwer damit, daran zu glauben, dass Jesus Gottes Sohn war, deswegen wurde er auch als Gotteslästerer zum Tod am Kreuz verurteilt.
Jesus hat bei seinem letzten Abendmahl, das ja eigentlich ein jüdisches Paschamahl war, die Bedeutung von Brot und Wein verändert und auf sich bezogen.
Er hat gesagt: Kommt immer wieder zusammen, erzählt von mir, teilt Brot und Wein miteinander, dann bin ich mitten unter euch.
So tun dies alle Christen bis heute: Sie erzählen sich von Jesus, hören Texte aus der Bibel und teilen Brot und Wein miteinander und fühlen sich so mit Gott, mit Jesus verbunden, aber auch mit allen anderen Christen auf der ganzen Welt.
Durch die Wandlung macht sich Jesus ganz klein in einem Stück Brot und in einem Schluck Wein, weil er in uns hinein will. Das ist das Geheimnis des Glaubens. Rational, mit dem Verstand nicht erklärbar, wissenschaftlich nicht nachweisbar.
Er will in mich hinein aus zwei Gründen:
1. um mir Kraft zu schenken für meinen Lebensweg
2. um durch mich Mensch zu werden und in der Welt von heute zu wirken.
Jesus will durch alle, die das gewandelte Brot empfangen, Augen, Mund, Hand, Fuß, ein offenes Herz bekommen.
Es liegt an jedem, der zur Kommunion geht, wie er damit umgeht, und da kommen wir zum nächsten Geheimnis des Glaubens:
Wir können den Leib Christi in den Mund stecken, zerkauen und runterschlucken, so dass der Magen das Stückchen Brot verdaut und es ändert sich nichts.
Aber im Idealfall sollen wir uns durch das Essen dieses kleinen gewandelten Stück Brot von Jesus selbst verwandeln lassen in Menschen, durch die Jesus heute in der Welt wirken kann.
Er kann dann in der Welt von heute wirken, wenn wir mit seinen Augen die Welt betrachtet und z.B. Not, auch versteckte Not sehen, ob einer weint oder traurig ist. Das sehen allein aber genügt nicht.
Dann heißt es, nicht wegzuschauen, wie die meisten es tun, sondern auf den Traurigen zugehen, ihn trösten, oder den Armen unterstützen, Kranke besuchen und ihnen beistehen, usw.
Das ist das Geheimnis unseres Glaubens: Jesus macht sich in jedem Gottesdienst ganz klein, in einem Stück Brot, in einem Schluck Wein, um uns Kraft zu schenken und uns zu verwandeln, um durch uns in der Welt von heute zu wirken. Amen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Pfarrer Marcus Wolf