In einer Legende wird von der Gründung des Tempels in Jerusalem erzählt: „Zwei Brüder besitzen einen Acker. Der ältere hat Frau und Kinder, der Jüngere lebt allein und ist auf Hilfe angewiesen. Der ältere will ihm deshalb heimlich einen Teil der Ernte überlassen. Der jüngere Bruder denkt, dass sein älterer Bruder eine Familie zu ernähren hat und deshalb mehr braucht als er selbst. Heimlich will er ihm einen Teil der Ernte überlassen. So bringen beide in der Nacht heimlich einen Teil ihrer Ernte zum anderen. Unterwegs treffen sie sich und erkennen ihr Vorhaben. Sie fallen sich in die Arme und errichten an dieser Stelle einen Tempel. In ihrer Umarmung sind Himmel und Erde zueinander gekommen.“
In einem Tempel, in einer Kirche, an einem Platz, wo Menschen sich in Liebe begegnen, da verbinden sich Himmel und Erde, da wohnt Gott.
Vielleicht wurden Pfarrer Leonhard Hiltner und das Ehepaar Leonhard und Dorothea Wolf von ähnlichen Gedanken bewegt. Die St. Gangolfs-Kirche war zu klein geworden, Bamberg hatte sich östlich der Regnitz weiter ausgebreitet. Im Norden Bambergs sollte nun eine neue Kirche entstehen. 1906 schenkte das Ehepaar Wolf den Bauplatz dazu.
Die finanzielle Grundlage für den Kirchenbau hatte Pfarrer Hiltner gelegt. Anspruchslos, fast geizig hatte er gelebt. Als er 1899 starb, hinterließ er die unerhörte Summe von 176 000 Mark als Grundstock für den Bau der St. Otto-Kirche. Als 1912 die Arbeiten für das Gotteshaus begannen, war das Vermögen der Hiltner’schen Kirchenstiftung auf 290 000 Mark angewachsen. Die Kirchenverwaltung St. Gangolf übernahm federführend die Planung für den Neubau. Ab 1907 wurden verschiedene Entwürfe von Architekten eingereicht, die jedoch keine Mehrheit fanden. Schließlich schrieb man einen Architektenwettbewerb aus. Am 06. Juli 1911 wurde aus 40 eingegangenen Entwürfen dem Architekten Otho Orlando Kurz und seinem Partner Eduard Herbert der erste Preis zugesprochen. Als am 21. März 1912 der Entwurf der beiden von Prinzregent Luitpold genehmigt war, konnten die Bauarbeiten beginnen. Die Firma Daniel Fuchs, gegründet 1879, übernahm die Bauarbeiten.